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Eine vernünftige Antwort auf Gewalt

Von Prof. Dr. Dr. Ervin Laszlo

Der Selbstmord-Terrorakt auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington am 11. September 2001 ist ein tragisches Symptom für das Unbehagen, das die Welt in der heutigen Zeit durchdringt. Dieses Unbehagen kann man nicht durch einen Vergeltungsschlag bezwingen, der dem alttestamentarischen "Aug um Auge, Zahn um Zahn" folgt. Seine Wurzeln liegen nicht nur im Fanatismus der Terroristen oder in den Pfründen der Fundamentalisten - sie liegen viel tiefer. Durch die Vernichtung einzelner Terrorgruppen wird das Problem nicht umfassend gelöst: Es werden andere kommen und deren Platz einnehmen, solange dieses Unbehagen vorherrscht.

Das Unbehagen in der heutigen Welt wird durch die Wahrnehmung einer Ungerechtigkeit genährt, die auf einem strukturellen und wiederkehrenden Fehler im ökonomischen und sozialen System der Welt beruht: Globalisierung ist die Integration von Produktion, Handel, Finanzen und Kommunikation. Tatsächlich jedoch entsteht durch sie auch ein sozialer und ökologischer Rückschlag in Form von regionaler und nationaler Arbeitslosigkeit, einer immer weiter klaffenden Lücke in der Einkommensstruktur sowie ökologische Rückschritte. Der Nutzen, der aus diesem ökonomischen Wachstum resultiert, lange Zeit der Hauptindikator des Fortschritts, konzentriert sich mehr und mehr auf einige wenige. Einige Hundertmillionen haben einen höheren materiellen Lebensstandard, während Milliarden andere davon belastet werden, drohende Armut abzuwenden. Sie leben in Slums und in den Ghettos des Städte - im Schatten des Überflusses. Umstände wie diese bilden den Nährboden für Widerstand und Revolten und münden letztendlich in Gewalt.

Die Informationstechnologie wäre heute in der Lage, Kontakte und Kommunikation zwischen allen Menschen dieser Welt herzustellen. Sie könnte dabei helfen, Solidarität zu schaffen, die Respekt und Verständnis mit sich bringt. Diese Netzwerke werden jedoch durch Gruppen von Geschäfts- und Medienmagnaten beherrscht, deren Interessen einzig darin liegen, die Ziele aller zu beeinflussen. Internet, Fernsehen sowie die elektronischen und gedruckten Medien bedienen nur die Bedürfnisse derjenigen, die es sich leisten können, am Markt der Informationen teilzuhaben, statt allen Menschen eine Stimme zu verleihen.

Unter solchen Bedingungen wird es in der Welt keinen anhaltenden Frieden geben -vielmehr führen sie zu einer Periode von Terrorakten und breitangelegter Feindseligkeit von unbestimmter Dauer. Solange Menschen frustriert sind und in sich den Wunsch nach Hass und Rache tragen, ist ein Zusammenleben im Geist von Frieden und Kooperation nicht möglich. Ob die Gründe dafür nun im verletzten Ego eines Einzelnen liegen oder in der verletzten Selbstachtung eines Volkes, oder ob es der Wunsch nach persönlicher Vergeltung, dem Heiligen Krieg zur Verteidigung des Glaubens ist - das Resultat bleibt immer Gewalt, Tod und Katastrophen. Das Erlangen von Frieden in der Seele jedes Einzelnen ist die Grundvoraussetzung für Frieden in der ganzen Welt.

Der Club of Budapest beteuert, dass die vernünftige Antwort auf Gewalt und Terrorismus nicht in der Bekämpfung der Symptome liegen kann, sondern in der Ausrottung der Ursache. Das bedeutet, dass in den Köpfen aller Menschen Frieden geschaffen werden muss, in dem mit aller Kraft das Ungleichgewicht beseitigt wird, das die Wurzel für das Unbehagen ist. Die Bereitschaft zu Fairness und Gerechtigkeit, die Förderung der Solidarität und der Wille zur Kooperation sind der vernünftigste und sicherlich auch der einzig mögliche Weg, um Frieden auf Erden zu schaffen.

Ervin Laszlo
12 September 2001

Übersetzung
Gerd Nowak

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Stiftung Club of Budapest Deutschland - letzte Änderung 18.12.2001