Claudia
Rogge
Neues
trifft auf bereits Definiertes
Oft erscheint es, als ob Kunst heutzutage nicht mehr leisten
kann, als �sthetisches Wohlbehagen zu verbreiten. Noch das
aufr�ttelndste Bild ger�t zur beliebigen Wanddekoration
einer Bank oder Werbeagentur. Noch die provokanteste Aktion
l�uft in einer tendenziel liberalen �ffentlichkeit Gefahr,
in die Leere zu laufen, zum Konsumprodukt zu verkommen.
Der
D�sseldorfer K�nstlerin Claudia
Rogge ist es gelungen, ihre Kunst vor diesem Schicksal
zu bewahren, freilich um der Gefahr willen, da� ihr k�nstlerischer
Gehalt wiederum hinter dem damit entfachten Medienspektakel
zu verschwinden droht. Die Heftigkeit, mit der lokale Ordnungsh�ter
und Politiker auf manche ihrer Kunstaktionen reagierten,
hat wesentlich dazu beigetragen, auch in einer gr��eren
als der �blichen Kunst�ffentlichkeit ihren Werken Wirkung
zu verschaffen. Das trifft in erster Linie auf ihre j�ngste
Aktion in der D�sseldorfer Altstadt zu. Die Installation
Restposten wandte sich in erster Linie gegen die allt�gliche
Ausgrenzung von Menschen in Not inmitten unserer Gesellschaft,
hier am Beispiel von Obdachlosen in der Landeshauptstadt.
Rogge gelang nicht nur der Br�ckenschlag zu den ansonsten
Ausgegrenzten, ihre Aktion besa� auch immanent politische
Sprengkraft vor dem Hintergrund, da� der Rat der Stadt auf
Antrag der CDU eine Versch�rfung der Stra�ensatzung plante,
die unter anderem zum Zweck hatte, "aggressives" Betteln
und anst��iges Verhalten (was immer das sei, und wer immer
sich anma�t dar�ber zu entscheiden) in der �ffentlichkeit
unterbinden und bestrafen zu k�nnen. Die Gesellschaft kann
das Elend, das sie produziert hat nicht mehr sehen: also
weg mit den Elenden.
Da st�rt
eine Kunstaktion, die genau diese Zusammenh�nge sehr plastisch
jedermann verst�ndlich vor Augen f�hrt. Claudia Rogge hatte
an einem Tag Obdachlose in einen Schuttcontainer gepfercht,
am Tag danach dann Dutzende Schweinek�pfe aus dem Container
ragen lassen. W�hrend die �ffentlichkeit relativ desinteressiert
auf die Menschen im M�llcontainer reagierte, die symbolisch
davor warnen sollten, sogenannte Randgruppen wie den Abfall
der Gesellschaft zu behandeln, kam es zum Eklat, als der
selbe Container am darauffolgenden Tag mit Schweinek�pfen
gef�llt war. Der naheliegenden Schlu�folgerung der K�nstlerin,
da� "die Schweine-K�pfe der Gesellschaft genau so zum Opfer
gefallen seien , wie die Obdachlosen", die am Tag zuvor
in dem Container gesessen hatten, mochten sich Stra�enverkehrsamtsleiter
und Ordnungsamtsleiter nun gar nicht anschlie�en. Mit ihrem
Verbot der Aktion und der anschlie�enden R�umung der Schweinek�pfe
durch Polizeibeamte demonstrierten sie dabei freilich nicht
nur die Treffsicherheit mit der die K�nstlerin den Finger
in die gesellschaftspolitische Wunde gelegt hatte, sie erm�glichten
dar�ber hinaus auch der Kunst einen Status wiederzuerhalten,
der in Zeiten, in denen tendentiell alles erlaubt ist und
goutiert wird, schon verloren gegangen zu sein schien.
Seit
dem �ffentlich ausgetragenen Disput von Johannes Rau und
Joseph Beuys in den siebziger Jahren hat es wohl keine �hnliche
Zensurma�nahme in der D�sseldorfer Kunstlandschaft mehr
gegeben. Die Redakteurin der Rheinische Post, Gerda Kaltwasser,
brachte es auf den Punkt: "Beuys und seine Studenten gingen
vor 30 Jahren auf die Stra�e, um den Obdachlosen der Stadt
zu helfen. Das half dabei einen Wandel in der D�sseldorfer
Sozialpolitik einzuleiten. Heute scheint alles vergessen...Claudia
Rogge muss mit ihren Installationen von vorn anfangen, um
mit Kunst auf der Stra�e f�r mehr Menschlichkeit zu werben."
Prof.
Ehrmann kommt zu dem Fazit: "Die These von Frau Rogge, dass
das Wegr�umen von "�berfl�ssigen" Menschen und Tieren etwas
miteinander zu tun haben k�nnte, wurde vor allem von denen
best�tigt, die die Schweinek�pfe wegger�umt haben. Ein sch�ner
Erfolg und eine Best�tigung f�r diese Aktion also, dass
die "Wegr�umer" nicht liberal den Dingen ihren Lauf liessen
und damit deren Aussagen widerlegt h�tten."
|